Projekt: Kulturzentrum "Inti Phaj'si"
Projektort: El Alto, Bolivien
Projektbeginn: 2011
Kooperationspartner: Inti Phaj'si
„Steine kommen ins Rollen"
Im November 2011 stimmten wir zu, das Projekt mit zu unterstützen und den Hauskauf zu ermöglichen. Durch die erste Spendeneinwerbung kommt der Stein ins Rollen.
Projekte
Reise:
Die Hinreise erfolgte als Interkontinentalflug von Amsterdam nach Bogota (Kolumbien) mit Weiterflug nach La Paz vom 11. bis 12. Oktober 2024 und die Rückreise mit Flug von La Paz nach Bogota und interkontinentalen Weiterflug nach Amsterdam vom 18. bis 20. Oktober 2024. Die Rückreise erforderte aus logistischen Gründen eine Übernachtung in Bogota. Die Hin- und Rückfahrt nach Amsterdam erfolgte mit einem Privat-PKW.
Projekte:
Das Kulturzentrum „Inti Phajsi“ verwirklicht seine kulturelle Bildungsarbeit gegenwärtig in folgenden Projekten:
1. Projekt „Memoriate – Schule des Gedächtnisses“: In diesem Projekt wird Kindern und Jugendlichen Erinnerungskultur vermittelt und diese auf die eigene Herkunft und damit Identität heruntergebrochen. Dieses umfasst sowohl die indigenen Wurzeln der Kulturen der Aymara und Quechua, die Okkupation durch Spanien wie auch die darauffolgenden Autokratien. Mit Elementen der darstellerischen Kunst erleben die Kinder und Jugendlichen in altersgerechter Selbsterfahrung wie von außen vorgegebenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bis hin zu Gewalterfahrungen auf sie einwirken und welche Reaktionen darauf sie im Inneren verspüren. Dadurch soll das Verständnis für die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge gesellschaftlicher Prozesse gefördert und die eigene Resilienz gestärkt werden.
Anmerkung: Der Schulunterricht in den Schulen im Stadtteil Senkanta erfolgt für die einzelnen Klassen entweder am Vor- oder am Nachmittag, damit die vorhandenen Raumkapazitäten optimal genutzt werden. Demzufolge besteht kein Angebot an musischer, gestalterischer und sportlicher Bildung. Zudem kommen die Kinder ganz überwiegend aus bildungsfernen Familien, in denen kulturelle Bildung keinen Wert hat.
Projektdurchführung: Das Projekt umfasst zwei Module im Jahr, die jeweils über einen Zeitraum von 3 Monaten durchgeführt werden und die aufeinander aufbauen. Die Rekrutierung für die Module erfolgt über Proseminare in derzeit 5 im Stadtteil gelegenen Schulen. Dazu werden dort Workshops in den einzelnen Klassen deren Schülerinnen und Schüler 13 bis 18 Jahre alt sind mit einer Dauer von 2 x 30 Minuten durchgeführt. Aus diesen Workshops melden sich etwa 150 Schüler für die Projektarbeit in den Modulen. Diese werden in 3 Gruppen zusammengefasst. Die Gruppen treffen sich einmal die Woche für 3 Stunden. Jedes Jahr steht dabei mit den zwei Modulen unter einem Generalthema, in 2024: „200 Jahre Staat Bolivien“. Ergänzt wird der informative Teil durch themenzentrierte kulturelle Workshops: Musik, künstlerische Gestaltung (z.B. Malerei), Theater, Tanz, Fotografieren.
Personeller Aufwand: 3 Mitarbeiter
Finanzieller Aufwand:
• Workshops in den Klassen der Schulen pro Workshop 180,00 Bs = 360,00 Bs pro Klasse und somit bei 18 Klassen 6.480,00 Bs pro Schule, bei 5 Schulen = 32.400,00 Bs.
• Module im Kulturzentrum: 12.800,00 Bs für 2 Module.
2. Projekt: „Aulas libre“ (= freier Raum = freies Klassenzimmer): Es handelt sich um ein Projekt für Grundschulkinder der 1. bis 6. Klasse die spielerisch themen- und altersgerecht zum Lernen angeleitet werden. Dadurch soll der Schulunterricht, der ausschließlich als Frontalunterricht bewerkstelligt wird, ergänzt und die Freude am Lernen geweckt werden. (siehe vorstehende Anmerkung)
Projektdurchführung: Es besteht zu diesem Projekt eine Zusammenarbeit mit drei Grundschulen im Stadtteil. Dazu kommt einmal pro Woche eine Schulklasse für 4 Stunden in das Kulturzentrum, wozu diese in der Regel von der Klassenlehrerin begleitet wird. Ergänzt wird diese obligate Aktivität durch eine freiwillige Lerneinheit, die zweimal in der Woche von 16:00 – 18:00 Uhr stattfindet.
Personeller Aufwand: 3 Mitarbeiter
Finanzieller Aufwand: Zu den Sachkosten kommt die geringe personelle Aufwandsentschädigung (150,00 Bs pro Mitarbeiter und Monat) hinzu. Die Kosten sollen grundsätzlich durch einen Eigenbeitrag (50,00 Bs pro Kind und Monat) gedeckt werden, was allerdings so gut wie nie der Fall ist. Dieses liegt an der sozialverträglichen Handhabung der Mitgliedsbeiträge, bei deren Erhebung häufig Nachlässe wegen Geschwisterkind und geringem Einkommen der Eltern gewährt werden.
3. Projekt: „Wir sind, was wir teilen“: In dem Projekt geht es um Gesundheit durch Ernährung und Bewegung. Ziel des Projekts ist dem stark überhöhten Zuckerkonsum durch eine ausgewogene Ernährung und dadurch und durch die Förderung von Bewegung dem Problem Adipositas und Diabetes entgegenzuwirken.
Projektdurchführung: Dieses Projekt wird auf den Plätzen vor den Schulen und, je nach Wohlwollen der jeweiligen Schulleitung, auch in den Schulen durchgeführt. Zudem werden die den Schulen benachbarten Einwohner und ggf. auch der benachbarten Marktbetreiber mit in die Projektarbeit einbezogen. Der informelle Teil zu einer gesunden Ernährung mit wenig Zucker und einer ausgewogenen Ernährung wird anhand von Schautafeln, Anschauungsmaterial und in Gesprächen vermittelt. Die Kinder sollen des Weiteren den Wert von Bewegung durch Freude am Spielen erfahren, wozu auf dem Schulhof Mitmachspiele angeboten werden. Zudem wird das Vermögen zu einer spielerischen Bewegung durch Tanz gefördert. Das Projekt wird zweimal wöchentlich über einen Zeitraum von jeweils 3 Stunden angeboten.
Personeller Aufwand: 3 Personen
Finanzieller Aufwand: Für einen Zeitraum von 3 Monaten werden 12.000,00 Bs benötigt. Die Stadt El Alto beteiligt sich zu 50 % an diesen Kosten.
4. Projekt „Tarwi“ (= Lupinmenprojekt“): In diesem Langzeitprojekt, welches derzeit auf 8 Jahre angelegt ist, geht es neben dem Anliegen gesunde Ernährung zudem um die globalen Ziele Ökologie und Nachhaltigkeit. Die Lupine ist eine uralte Nutzpflanze der Andenregion, deren Wert für die Ernährung und die Bodenverbesserung in Vergessenheit geraten ist. Diesem soll durch das Projekt entgegengewirkt werden, da die Lupine nicht nur eine interessante Nährstoffzusammensetzung hat (Eiweiß, Vitamine und Mineralien), sondern zudem auch Stickstoff aus der Atmosphäre aufnehmen sowie im Boden binden kann und demzufolge zu einem fruchtbaren Ackerboden beiträgt.
Projektdurchführung: Für den Anbau der Lupinen wurde eine Ackerfläche in der Nähe des Titicacasees gepachtet und dort ansässige Bäuerinnen, die die Produktionslinie (Anbau, Ernte und Verarbeitung) bewerkstelligen vertraglich für diese Tätigkeit gebunden. Nach der Ernte und der Wässerung zur Auswaschung der Alkaloide werden die Lupinen zu Produkten wie Mehl und Kaffee verarbeitet und in den Handel gebracht.
Personeller Aufwand: 2 Personen (Technische Leitung und Buchhaltung)
Finanzieller Aufwand: Das Projekt wird derzeit von der Stiftung „Nord-Süd“ in Berlin mit 10.000 € für ein Jahr als Anschubfinanzierung gefördert und der Stiftung vierteljährlich über den aktuellen Sachstand rapportiert.
5. Projekt „Caminos al Bicentaria“ – 200 Jahre Bolivien“: Die Staatsgründung Boliviens vor 200 Jahren wird innerhalb des Landes mit zahlreichen Aktivitäten gewürdigt. Das Kulturzentrum Inti Phajsi beteiligt sich daran mit insgesamt 32 Einzelaktivitäten in La Paz, El Alto und Sucre.
Projektdurchführung: Der Nationalfeiertag wird zum Anlass genommen um die Geschichte des Landes und die gegenwärtige Situation in Bolivien anhand von Fotos, Theater und bildende Kunst zu vermitteln. Bei den einzelnen Aktivitäten werden die anderen Projekte des Kulturzentrums eingebunden. Es besteht eine enge Kooperation mit einem indigenen Künstler. Zusammen mit diesem wurden unter anderen 48 Bilder von wichtigen Frauen gemalt und bei der Maltechnik Formen des Recyclings angewendet. Diese Bilder sollen auch in einer Ausstellung mit Vernissage im Kulturzentrum gezeigt werden. Diese Malaktion ist auf eine Dauer von einem Jahr projektiert. Das gesamte Projekt mit all seinen Aktivitäten umfasst einen Zeitraum von drei Jahren. Zu einzelnen Aktivitäten besteht eine Kooperation mit der Universität La Paz, wobei dazu die wissenschaftlichen Mitarbeiter in das Kulturzentrum kommen.
Personeller Aufwand: 4 Personen
Finanzieller Aufwand: Es gibt keinen finanziellen Gesamtrahmen mit einer geregelten Finanzierung. Für einzelne Aktivitäten innerhalb des Projekts gibt es eine auskömmliche Refinanzierung.
6. Projekt „Panderia“: Dieses Projekt ist Teil des Projekts „gesunde Ernährung“. Ziel ist es Brot und Brötchen aus ortstypischen Getreidesorten und nicht ausschließlich aus Weizenmehl zu backen. Das Projekt dient auch der finanziellen Unterstützung der anderen Projekte des Kulturzentrums und verschafft den dort arbeitenden Personen einen selbstbestimmten Arbeitsplatz.
Projektdurchführung: Zwei- bis dreimal in der Woche werden in der Bäckerei Brot, Brötchen, Empanadas und Kuchen in den Abendstunden gebacken. Der Vertrieb erfolgt als Verkauf auf dem an jedem Samstag stattfindenden Wochenmarkt, als Auftragsarbeit für ein Krankenhaus sowie in dem eigenen Café (siehe unten).
Personeller Aufwand: 4 Personen sind regelmäßig in der Bäckerei zu den jeweiligen Betriebsstunden dort tätig.
Finanzieller Aufwand: Der Gewinn aus dem Verkauf der Backprodukte ist wegen der gestiegenen Preise im Wareneinkauf in der letzten Zeit zunehmend geringer geworden, da die gestiegenen Produktionskosten wegen der insgesamt schlechten Wirtschaftslage nicht an die Kunden weitergegeben werden können.
7. Projekt „Utopias Coffee“: Dieses Projekt verwirklicht sich in einem in den Gebäudekomplex des Kulturzentrums integrierten Café mit eigenem Zugang zur Straße. Das Café besteht seit zwei Jahren und wird von der Bevölkerung im Stadtteil Senkanta gut angenommen. Dieses Projekt ist für das Kulturzentrum Ini Phajsi nicht nur eine weitere Finanzierungsquelle, sondern will auch ein Ort der Begegnung sein und auf das Kulturzentrum und seine Aktivitäten aufmerksam machen. Zudem werden durch das Café selbstbestimmte Arbeitsplätze geschaffen.
Projektdurchführung: Das Café ist von Montag bis Samstag von 16:00 bis 22:00 Uhr geöffnet. Es werden dort Kaffee, Burger, Pizza und Sandwiches sowie Produkte aus der eigenen Bäckerei (siehe oben: Brot, Brötchen, Empanadas, Kuchen) angeboten. Zweimal in einem Monat findet zudem eine kulturelle Veranstaltung statt, wobei Theaterstücke aufgeführt werden, bzw. Bücherlesungen oder „Talk-Runden“ zu bestimmten Themen stattfinden. Das Café hat eine eigene Web-Seite im Internet.
Personeller Aufwand: 2 Personen pro Öffnungszeit
Finanzieller Aufwand: In dem Projekt wird eine gute Rendite erwirtschaftet, die ebenfalls zur Querfinanzierung innerhalb des Kulturzentrums beiträgt.
Angewendete Methoden bei der Projektarbeit
Als pädagogische Methoden werden „Memoriate“ und die „Logopädagogik“ angewendet. Zudem finden Methoden der Montessori-Pädagogik Anwendung
Bei der Logopädagogik handelt es sich um eine Pädagogik, welche auf Werte und das eigene Gewissen aufmerksam macht. Sie macht deutlich, dass wir unabhängig von unserer Lust oder Unlust werden können, wenn wir einen Sinn in unserem Sein und Handeln erkennen. Sie weckt das Geistige im Menschen und weist auf die Freiheit und Wahlmöglichkeit jedes Einzelnen hin. Dieses bedeutet die Stärkung der Leistungsfähigkeit, der Liebesfähigkeit und der Leidensfähigkeit. Wichtig ist der Leistung des Inti Phajsi: Der Mensch ist frei und verantwortlich für seine Lebensgestaltung. Dieses wird mit den Methoden der kulturellen Bildung und den dabei angewendeten Regeln vermittelt.
Für die Tätigkeit im Kulturzentrum „Inti Phajsie“ hat die Freiwilligkeit oberste Priorität. Das Kulturzentrum will in die Gesellschaft hineinwirken, um diese durch seine Projektarbeit zu verändern. Dahinter steht die Idee von der Wirksamkeit des Selbstvertrauens als Voraussetzung für ein selbstbestimmtes und demzufolge selbstverantwortetes Leben. Um dieses Ziel noch intensiver zu verwirklichen wäre eine Schule notwendig, deren Gründung das langfristige Ziel von „Inti Phajsi“ ist.
Dass die Zielsetzung des Kulturzentrums Inti Phajsi sich bereits heute verwirklicht kann an einzelnen Bildungsbiografien verdeutlicht werden. Die langjährig an den Projekten beteiligten Kinder und Jugendlichen ergreifen deutlich mehrheitlich soziale oder pädagogische Berufe, mit oder ohne akademische Bildung, und engagieren sich weiterhin im Kulturzentrum an der Projektarbeit und an deren inhaltliche Weiterentwicklungen.
Lingen, 02.11.2024